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Einstweilige Verfügung gegen Attila Hildmann erwirkt

27 Jul 2021 » Pressemitteilung

Unsere Kanzlei hat mit der Unterstützung von HateAid einstweilen ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 EUR bei dem Landgericht Berlin gegen Attila Hildmann erwirkt.

Gegenstand des Verfahrens sind die seit Monaten andauernden Beleidigungen und Schmähungen durch Attila Hildman gegen unseren Mandanten Volker Beck.

Landgericht Berlin Teglerweg
Landgericht Berlin Teglerweg - Andreas Praefcke, CC BY 3.0

Das Gericht stellt klar: „Unzulässig sind Werturteile dann, wenn sie in eine jeder sachlichen Grundlage entbehrende böswillige oder gehässige Schmähkritik übergehen. Hierrunter ist eine Äußerung zu verstehen, die primär auf die Diffamierung der Person und nicht auf eine Auseinandersetzung in der Sache abzielt.“ (Az. 27 O 213/21; siehe unten)

Das war bei den hier streitgegenständlichen Äußerungen der Fall, in welchem der Antragsteller u.a. als „Judenschwuchtel” bezeichnet wurde.

Der Beschluss zeigt, dass das Gericht sich klar für den Opferschutz positioniert und dem Hass im Netz sowie auf Foren wie Telegram einen Riegel vorschiebt.

Die Entscheidung des Gerichts stärkt den Kampf gegen Hass im Netz und ermutigt konsequent gegen Hasskommentare auf Social-Media-Plattformen aber auch in Messenger-Diensten vorzugehen. Die Entscheidung des Gerichts macht deutlich, dass der Schutz von Betroffenen ernst genommen wird. Solche Äußerungen werden in einem Rechtstaat nicht geduldet. Das Gericht zeigt auf, dass die TäterInnen sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen können.

Beschluss Landgericht Berlin (Az. 27 O 213/21)

Landgericht Berlin

Az.: 27 O 213/21

Beschluss

Einstweilige Verfügung

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

Volker Beck, c/o HateAid, Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin

-Antragsteller-

Verfahrensbevollmächtigte:

Rechtsanwältin Saskia Ostendorff, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin

Gegen

(…)

-Antragsgegner-

hat das Landgericht Berlin - Zivilkammer 27 - (…) beschlossen:

Der Beschwerde des Antragsstellers gegen den Beschluss des Landgerichts vom 03.06.2021 wird abgeholfen und unter Abänderung dieses Beschlusses im Wege der einstweiligen Verfügung – wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung - angeordnet (§§ 935, 940, 91 Abs. 1 ZPO; §§ 823, analog 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG):

1.

Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000, 00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt,

a)

Wörtlich oder sinngemäß zu äußern und zu verbreiten:

„EKELHAFTE JUDENSCHWUCHTEL UND KINDERFICKER VOLKER BECK! VOLKER, DU HAST DICH MIT DEM FALSCHEN ANGELEGT DU UNTERMENSCH! EINES TAGES KOMME ICH ZURÜCK NACH BERLIN UND DANN KLÄREN WIR DAS ALLES GANZ ÖFFENTLICH!

https://www.volkerbeck.de/kontakt/

TALMUD

“Ein Mädchen von drei Jahren und einem Tag ist zum Beischlaf geeignet.” (Jabmuth 57b, Jabmuth 60 a, Aboda zara 37a)

“Juden müssen immer ersuchen, Nichtjuden zu betrügen.” (Zohar I 168a)“

Wenn dies geschieht wie in dem Telegram-Beitrag des Antragsgegners vom 28.04.2021.

b)

wörtlich oder sinngemäß zu verbreiten:

„VOLKER BECK DIE KINDERFICKER-JUDENSCHWUCHTEL AUF CRACK VON DEN “GRÜNEN” BOLSCHEWIKEN BERLINS IST NATÜRLICH AUCH SCHON LANGE MITGLIED IN BUNDESKANZLER YEHUDA TEICHTALS CHABAD-LUBAWITSCH-SEKTE! VOLKERS AUFTRAG IST DER JÜDISCHE KULTURMARXISMUS UND DAMIT DIE VERSCHWUCHTELUNG UND TRANSGENDERISIERUNG DER GESELLSCHAFT VORANZUTREIBEN, UM DEN DEUTSCHEN VOLKSKÖRPER ZU SCHWÄCHEN UND DIE MÄNNER ZU KASTRIEREN! REGENBOGENFAHNE IST DIE FAHNE DES JUDEN, DER EUROPA VERNICHTEN WILL DURCH VERSCHIEDENE WAFFEN WIE EINWANDERUNG, VERDUMMUNG, MORALISCHER VERFALL, FRÜHKINDLICHE SEXUALISIERUNG, VERSCHWUCHTELUNG ODER JUDEN-SPRITZEN! https://www.volkerbeck.de/kontakt/impressum/ EMAIL office@enpunkt-enpunkt.de (NUR MIT TOR / VPN)“

Wenn dies geschieht wie in dem Telegram-Beitrag des Antraggegners vom 18.05.2021.

2.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller wehr sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen zwei Telegram-Beiträge des Antraggegners. Darin äußert sich der Antragsgegner in Bezug auf den Antragsteller wie aus dem Tenor ersichtlich.

II.

Auf den nunmehr erweiterten Sachvortrag hin war die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen. Dem Antragsteller stehen sowohl ein Verfügungsgrund als auch ein Verfügungsanspruch zu.

1.

Nachdem der Antragsteller im Zuge seiner Beschwerde zur Bevollmächtigung der im Rubrum aufgeführten HateAid vorgetragen hat (§ 171 ZPO), ist sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nunmehr zulässig.

a)

Ob eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, ist aufgrund einer Abwägung des Rechts des Antragstellers auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG mit der in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Meinungsfreiheit des Antragsgegners zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlichen geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besondere Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonventionenen interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH v. 20.4.2010, VI ZR 245/08, juris Rn. 12 m.w.N.). Welche Maßstäbe für diese Abwägung gelten, hängt grundsätzlich vom Aussagegehalt der Äußerung ab, also von der Einstufung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung. Diese Unterscheidung ist deshalb grundsätzlich geboten, weil der Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG bei Meinungsäußerungen regelmäßig stärker ausgeprägt ist als bei Tatsachenbehauptungen (BGH, Urteil v. 5. 12. 2006, VI ZR 45/05, juris Rn. 14 m.w.N.). Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung in erster Linie vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Bei wertenden Äußerungen treten die Belange des Persönlichkeitsschutzes gegenüber der Meinungsfreiheit grundsätzlich zurück, es sei denn die in Frage stehende Äußerung stellt eine Schmähkritik oder Formalbeleidigung dar. (BGH, NJW 2008, 2110 m. w. Nachw.). Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt nämlich nicht nur sachlich-differenzierte Äußerungen. Gerade Kritik darf auch pointiert, polemisch und überspitzt erfolgen; insoweit liegt die Grenze zulässiger Meinungsäußerungen nicht schon da, wo eine polemische Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich ist (vgl. BVerfGE 82, 272, 283 f. ; 85, 1, Rn.16). Da es der Sinn jeder zur Meinungsbildung beitragenden öffentlichen Äußerung ist, Aufmerksamkeit zu erregen, sind angesicht der heutigen Reizüberflutung einprägsame, auch starke Formulierungen hinzunehmen. Das gilt ebenfalls für Äußerungen, die in scharfer und abwertender Kritik bestehen, mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden oder in ironischer Weise formuliert sind. Der Kritiker darf seine Meinung grundsätzlich auch dann äußern, wenn sie andere „falsch“ oder für „ungerecht§ halten. Auch die Form der Meinungsäußerung unterliegt der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützen Selbstbestimmung des Äußernden. Unzulässig sind Werturteile jedoch dann, wenn sie in eine jeder sachlichen Grundlage entbehrende böswillige oder gehässige Schmähkritik übergehen. Hierunter ist eine Äußerung zu verstehen, die primär auf eine Diffamierung der Person und nicht auf eine Auseinandersetzung in der Sache abzielt. Sie ist gekennzeichnet durch die Herabsetzung der Person jenseits polemischer, überspitzter oder ausfallender Kritik. Wesentliches Merkmal der Schmähung ist mithin eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 2006, 1 BvR 49/00, AST 2006. 349, BVerfG, Beschluss vom 28. Juli 2014, BvR 482/13). Im Fall einer Schmähkritik steht die Rechtswidrigkeit der Äußerung grundsätzlich fest, ohne dass eine Abwägung vorgenommen werden müsste (Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 28. Juli 2014, 1 BvR 482/13). Diese für die Meinungsfreiheit einschneidende Folge gebietet es aber, hinsichtlich des Vorliegens von Formalbeleidigungen und Schmähkritik strenge Maßstäbe anzuwenden (vgl. BVerfGE 93, 266, 294; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 29. Juni 2016 – 1 BvR 2646/15 - , Rn. 13, juris; BGH, Urteil vom 16.12.2014, VI ZR 39/14). Ob eine Äußerung als Schmähkritik zu verstehen ist, ist wiederum von ihrem Sinngehalt her zu beurteilen (BGH Uteil vom 5.12.2006, BI ZR 45/5, AfP 2007, 46; BGH Urteil 16.12.2014, VI ZR 39 14, von Pentz, AfP 2015, 11 ff.).

b)

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den hier streitgegenständlichen Beiträgen des Antragsgegners um unzulässige Schmähung. Der Antragsgegner beschränkt sich in den angegriffenen Beiträgen darauf, den Antragsteller u.a. als „Judenschwuchtel“ oder „Kinderficker“ zu beleidigen sowie ihm damit zu drohen, „das alles“ zu klären, sobald er wieder nach Berlin zurückkehre. In dem zweiten Beitrag schreibt der Antragsgegner dem Antragsteller zudem die Verantwortung für eine „Verschwuchtelung und Transgenderisierung der Gesellschaft“ zu. Ein auch nur ansatzweise sachlicher Bezug zu einer öffentlichen Debatte ist nicht erkennbar. Der Antragsgegner beschränkt sich alleine auf die persönliche Kränkung und Herabsetzung des Antragstellers. Das Schutzinteresse des Antragstellers überwiegt das die Äußerungsfreiheit des Antragsgegners.

c)

Die Wiederholungsgefahr ist aufgrund der bereits erfolgten Rechtsverletzung zu vermuten und hätte nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können (BGH, Urteil v. 08.02.1994, VI ZR 286/93, NJW 1994, 1281), an der es hier fehlt.

4.

Soweit der Antragsteller den Antragsgegner vorprozessual nicht angehört hat, war eine solche auch durch das Gericht nicht nachzuholen. Der Antragsgegner ist, wie auch der Antragsteller vorbringt, unter der im Rubrum angegebenen letzten Wohnanschrift aktuell nicht zu erreichen. Andere Kontaktdaten sind nicht bekannt.

(…)

6.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

© Rechtsanwältin Dr. Saskia Ostendorff